
Es gibt Reportagen, die sind wahnsinnig gut und werden trotzdem nie einen Preis gewinnen. Weil sie nicht vom Krieg handeln, vom Hunger oder vom Sterben. Weil sie weder lehrreich noch relevant sind. Wir lieben sie dennoch. Weil sie so schön bekloppt vom Leben erzählen. Der Henry Nonsens Preis zelebriert sie!
Das Jahr über sammeln wir Geschichten, die den Kriterien einer Henry-Nonsens-Reportage entsprechen. In unsere Wochenauswahl sind sie speziell markiert. Auch ihr könnt uns über Twitter (#henrynonsens), Facebook oder per Mail (sirhenry@reportagen.fm) Vorschläge schicken.
- Die absurde Reportage spielt in der 1. Person Singular; diese reist.
- Die absurde Reportage ist völlig über- oder komplett unambitioniert.
- Die absurde Reportage kann nicht oder sollte nicht überprüft werden.
Nach den Vorfällen rund um Claas Relotius haben wir unsere Auswahlkatagorien selbstverständlich angepasst:
- Die absurde Reportage feiert den den Mut, lustig, abseitig und absurd zu sein.
- Sie zeigt das Wagnis, einen Text umzusetzen, bei dessen Vorschlag in der Redaktionskonferenz nur Köpfe geschüttelt werden – bis das Ergebnis da ist und alle verblüfft sind.
- Nicht zuletzt darf der Autor oder die Autorin hier etwas einsetzen, was bei vielen anderen Preisen verpönt ist: Das eigene Ich.
Und natürlich bauen auch wir darauf, dass die eingereichten Reportagen einem Faktencheck unterliegen.

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Wer war Henri Nannen… äh… Henry Nonsens?
Er war ein journalistisches Leichtgewicht, aber schon zu Lebzeiten Legende. Einer, der Räume mit wenigen Worten leerte und lieber einen Freund verlor, als auf einen Witz zu verzichten. Oscar Wilde nannte ihn „meine verlängerte Zunge mit deutschem Akzent“, andere sahen in ihm einen „Shakespeare des deutschen Journalismus“, einen Mann, der weder den König noch seine Kollegen fürchtete. In seiner eigenen Druckerei war ihm nicht selten danach, „sich durch die Druckpresse laufen zu lassen, nur um andere am Resultat zu amüsieren“, wie einer seiner treuesten Drucker einmal seufzte.
Sich selbst sah Henry Nonsens, uneheliches Kind eines trinkenden Leuchtturmwärters von Britisch-Helgoland, als „jüngstes Gericht des guten Geschmacks“. Der Schlüssel zum Absurden sei wichtiger als der Schlüssel zum Leser, war das Credo des Blattmachers, der seinem Heft eine groteske Erfolgsgeschichte bescherte.
In Nonsens‘ „Knalltüte“ kam nur, wovon der Meister schlecht geträumt hatte – und dessen Schlafstörung war chronisch. Seine Kolumnen unter dem Titel „Mir träumte“ schossen immer über den Zeitgeist hinaus. Sir Henry machte sein Magazin zum politischen Ausflugsdampfer, bereicherte die britisch-deutsche Helgoland-Politik mit schwer zu realisierenden Ideen, rief „Jugend, schweig“ und einen Anti-Kitsch-Preis ins Leben und gründete eine Jesuitenschule.
Als er fand, „dass es nicht reicht, sich irgendwann unter Blumen zu legen und nichts bewegt zu haben außer einer vergnüglichen Illustrierten“, zog er sich zurück ins Hinterland von Helgoland und schenkte seiner Heimatinsel seine Schmetterlingssammlung und ein eigenes Museum.
Zum deutschen Großneffen des legendären Henry Nonsens geht es hier lang…